Da dünkte mir gerade, wie glücklich ich doch wäre, nicht mehr den neuen Polizeistaat D erleben zu müssen und nicht dem aktuellen Polizei-Terror ausgesetzt zu sein, doch BUMS! haute mich ein Nachbar um. Und das kam so:
Früher ging David mit seinem Sohn Vian bei mir Obst klauen. Später heuerte ich ihn gelegentlich als Fahrer an und half ihm reichlich. Sein Bruder hatte den Vater meiner juristischen Nachbarin erstochen, was mir nicht unangenehm war, der Schleicher David jedoch ziemlich. Kürzlich zog er ganz in meine Nähe, und seine beiden Söhne fingen mit Krachmusik an. Bei anderer Gelegenheit hatte ich mit ihm über den Krach einer Nachbarin ganz vernünftig reden können, und er meinte, daß man mit einer kleinen Anlage gut auskommen können. Deshalb glaubte ich, auch diesmal auf ihn einwirken zu können, denn die Lebensgefahr, in der man schwebt, wenn man Feste stürmt, ist allgemein bekannt.
Nun war Davids Sohn gerade an den Spätfolgen eines Motorrad-Unfalls gestorben – sein Vater aus dem gleichen Grund ein Krüppel – und die dringend geplante Hochzeit mit einer schwangeren Minderjährigen wäre geplatzt, wenn der ältere Vian (~24) die Braut nicht spontan übernommen hätte. Das nennt man hier „Bettspringen“. Auf diesen dionysischen Festen darf man mit polizeilicher Erlaubnis 1 Tag Krach machen, Vian begann 5 Tage vorher. Am Tag vor der Hochzeit ging es richtig los. 70-80 Dezibel stundenlang. In D sind maximal 55 erlaubt. Meine Ex rief David an, erreichte jedoch nichts. Da ging ich rüber. Holprige Wildnis überdacht mit hohem Bambus-Gestänge und Plastikplane. In der Mitte ein Schwein im Käfig, das mir gleich Leid tat, weil es auch der extrem lauten Musik ausgesetzt war, so melodisch wie zuschlagende Türen mit Hammer-Begleitung. Ein zerknitterter Schwiegervater saß mit Machete und Maske einsam vor der dröhnenden Boxenwand, etwa wie man mit Genuß vor einem vorbeifahrenden Güterzug sitzt. Etliche Verwandte und Nachbarn putzten Gemüse. Ich begann loszuschimpfen, doch erwiderte man mir, dies sei ein Fest – was es noch nicht war. Während ich Vian warnte, hier keinen Terror zu veranstalten, verstummte die Anlage. Ich verließ den Platz, und kaum befand ich mich auf der Straße, ging es wieder los. Da bin ich zurück.
Ich habe hier oft die Gewalt-Phantasie, wie ich mit einer Axt die Terrorsound-Anlage eines Festes zerlege. Und immer hatte ich gedacht: Hoffentlich mache ich das nicht, denn dann würden die Wilden mich mit ihren Messern tranchieren.
Doch diesmal war es soweit. Als ich im Zelt wieder nichts erreichte, ging ich um die Boxenwand herum, rieß einen Stecker raus – keine Wirkung – und kippte deshalb noch eine kleine Balkenbox um. Doch nun stürzte sich Vian auf mich. Unglücklicherweise ist er etwa so groß wie ich, jedoch mindestens doppelt so breit. Ich erhielt gleich mehrere Faust-Treffer am Kopf, und während ich mich mit den Armen zu schützen versuchte, sprang er mir mit einem Kungfu-Kick in die Seite, der mich wegschleuderte wie von einem Sack Zement getroffen. Ein Bambus-Stapel hinter mir riß mir zusätzlich die Beine weg, und ich landete auf dem Rücken in der Botanik. Das reichte Vian jedoch nicht, und er begann, mich in den Nieren-Bereich zu treten, was so schmerzhaft war, daß ich gleich gekrümmt liegen blieb. Inzwischen waren hysterische Frauenschreie und Schluchzen zu hören, der Schwiegervater ging mit gezückter Machete auf mich los, David und ein mir Unbekannter beschimpften mich, während ich am Boden lag. Das war’s jetzt, dünkte mir noch, aber anscheinend hatte man Vian und den Schwiegervater umklammert. Auch das ist hier Tradition. Nur Onja, eine Nachbarin, half mir auf, und ein Mann geleitete mich aus dem Zelt. Er blutet ja, hörte ich hinter mir, spürte den Gesamtschaden jedoch erst langsam.
Endlich, dachte ich, endlich mal Blut, denn dann MUSS die Polizei handeln. Illegale Heirat, denn bei Minderjährigen hat erst ein Gericht zu entscheiden, illegale Disco-Musik und einen 73jährigen, schon auf dem Boden Liegenden noch zu treten, DAS ist heavy. Zumal Alte in Indonesien einen viel höheren Wert haben als in D.
Dachte ich.
Die Reaktion auf der Polizeiwache dann etwa so: Öoh! Schon wieder der Deutsche! Ich hätte mich doch erst an den Blockwart und der an den Bürgermeister wenden müssen. Der Instanzenweg. Das wisse ich doch! Und nachdem mich auch noch der extrem bekloppte Verbindungsmann zwischen Dorfregierung und Polizei mit rassistischen Äußerungen zu reduzieren versuchte, bin ich nochmal ausgerastet.
Eine weitere meiner beständigen Phantasien ist, den hiesigen dummen, faulen und korrupten Regierungs-Vertretern mal so richtig die Meinung zu geigen, denn das traut sich sonst keiner, und in 20 Jahren hat sich viel angesammelt. Ich brüllte den Trottel an, er solle den Mund halten, ich sei hier, um eine Anzeige aufzugeben und nicht, um über Toleranz zu diskutieren, und wenn die Regierung nicht funktioniere, werde ich eben selbst aktiv. Nun war der Kontaktbereichs-Beamte beleidigt, der spät und auch sehr laut bis 3Uhr morgens geheiratet hatte, und fing an zu toben. Als schließlich Bürgermeister, sein HiWi und der Polizist mich Opfer zu dritt beschimpften, bin ich einfach rausgegangen und habe mich auf die Wartebank neben einen anderen Wilden gesetzt, der von einer Familien-Auseinandersetzung mit improvisiert verbundener Hand kam. SEIN Blut klebte schon auf dem Fußboden, meins wirkte nicht eindrucksvoll genug.
Inzwischen entschuldigte sich meine Ex beim Kontaktbereichs-Beamten: Ich könne das eben nicht anders ausdrücken. Das stimmt, aber ich habe es genau so gemeint. Und DAS wissen sie jetzt.
Wird noch ein paar Jahre bis zu meinem natürlichen oder plötzlichen Ableben fortgesetzt …
Imma dieselbe Leia. Sowas Langweiliges!