
Das Angenehme an japanischen Liebes-Liedern ist, daß ich den Text nicht verstehe. Bei deutschem Gesang müßte es zur Übereinstimmung von Form und Inhalt kommen, was selten der Fall ist. Entweder ich habe andere Erfahrungen, oder es handelt sich um mehr oder weniger künstlerisch verbrämten Schmalz. Chinesische Damen sind schon schwieriger, weil sie oft stark quietschen beim Singen, und indonesische klingen wie Minni Maus oder hören sich wie Kreissägen an – mit oft lächerlichem Englisch. Überhaupt scheinen die Minahasa einen wesentlich höheren Dezibel-Level zu besitzen als zivilisierte Stämme. Schon der normale Umgangston wirkt wie ein Streit-Gespräch.
Unter LSD glaubte ich, zum ersten Mal wirklich hören zu können. Das dürfte mehr als 50 Jahre her sein, daß mir die Ohren aufgingen und seitdem nicht mehr zu. Vielleicht mit dem Nachteil, daß ich dadurch gegen Lärm überempfindlich geworden bin. Ich hörte damals Pink Floyd, die scheinbar Trip-Musik produzierten, doch fühlte ich mich unter LSD von ihren Stücken akustisch vergewaltigt, denn es wurden immer ganz bestimmte Reaktionen im Gehirn ausgelöst, und ich konnte mich dadurch nicht meinem eigenen Gefühls-Fluß überlassen – wie bei traditionell japanischer Musik. Als die Platte zuende war, spielte Pink Floyd trotzdem weiter. Ich hörte plötzlich die natürlichen Geräusche meiner Umgebung, die mir sonst entgingen: Vögel, raschelndes Gras, Blätter im Wind, Knacken des Holz-Fußbodens, siedendes Teewasser – eine Symphonie an Umwelt-Tönen, denen ich nun aufmerksam lauschte.
LSD kann die Sinne so verfeinern, daß man für immer unfähig wird, die künstliche Welt der Stadtneurotiker zu ertragen. Bei den Nachrichten-Sprechern der Tagesschau fragte ich mich, ob sie ihr Auftreten wirklich so ernstnahmen oder sich zumindest hinterher vor Lachen überkugelten. Und von Mehrheiten getragene Wahndemien habe ich so viele erlebt, daß ich sie eher für den Regelfall halte. Jedenfalls war ich nach der Erfahrung von LSD für immer verloren für jene Welt, weil ich eine andere kennengelernt habe, von der manche behaupten, sie existiere nicht oder mache funktionsuntüchtig. Letzteres stimmt – ich funktioniere einfach nicht. Seid Sand, nicht Öl im Getriebe der Welt! Über dieses Zitat von Bertrand Russell (1872-1970), von dem ich nichts wußte, mußte ich im Abitur in Hildesheim eine Erörterung anfertigen. Kann mich nicht erinnern, wie mir das gelungen ist, aber damals legte man in akademischen Kreisen noch Wert auf einerseits-andererseits, während man aktuell in D das andererseits weitgehend abgeschafft hat. Auch konnte ich damals nicht ahnen, daß es in meinem Fall schwarzer Vulkan-Sand sein würde. Mit dem habe ich mehrere Häuser gebaut.