Im Monat Ramadhan war es geradezu unheimlich ruhig im Dorf. Im August hatte ich noch 3 Terror-Feste pro Woche gezählt, bei denen man mit dem Schlafen warten muβte, bis die Wilden erschöpft waren. Manchmal erst morgens um 4:30. Mit Dampfhammer-Musik ohne shabu-shabu (Kokain) oder ekstasi gar nicht denkbar. Kaum war der Fastenmonat vorbei, ging es wieder los.
What would you do for a good night’s sleep?
Das ist gar keine Frage, da geht es um Selbsterhaltung. Mit Schlafentzug kann man jeden in den Wahnsinn treiben, deshalb benutzt man das ja als Folter-Methode. Vielleicht hätte ich den Film „Noise“ mit Tim Robbins als „Rectifier“ nich zum 2. Mal ansehen sollen, aber es wird noch eine Weile dauern, bis die Polizei die ~20 Raubkopie-Stände im IT-Centre Manado wieder „vergiβt“, und es neue Filme zu kaufen gibt. „A man who is being driven crazy by the noise“, das iss einfach so nah an mir dran, und ich komme zu keinem anderen Ergebnis. Natürlich will ich ein weltfremdes Leben in Schönheit. Deshalb lebe ich ja nicht in New York, sondern in moderater Wildnis auf einer Insel am Arsch der Welt. Wenn ich hier jedoch nicht dauernd „weiβes Rauschen“ in Form von selbstgebastelten Miniatur-Wasserfällen laufen hätte (+ Zikaden-Konzert), wäre ich schon durchgedreht. Vor Baβ-Gewummere gibt es kein Entrinnen. Betroffene berichten von zitternden Sperrholz-Türen und zerspringenden Fenster-Scheiben. Nochmal woanders anfangen, kann ich nicht mehr. Jeder weiβ eigentlich, daβ in der modernen Minahasa-Kultur einiges schiefläuft, und die Regierung will bis zum Jahr 2010 (Manado = Welt-Tourismus-Stadt) noch möglichst viel übertünchen. Die Wilden wurden sogar von der Regierung aufgefordert, ihre monströsen Feste spätestens um 24:00 zu beenden – was Unsinn ist, weil das Problem nicht in der Länge sondern der Lautstärke liegt. Weder die korrupte Polizei noch der Bürgermeister, der pleite ist und sich nur für Geldsammeln interessiert, haben überhaupt die Autorität, die Anarchisten des Dorfes zu stoppen. Im aktuellen Fall besaβ der Veranstalter nicht einmal die erforderliche, gebührenpflichtige Genehmigung der Polizei – was überflüssig ist, wenn diese mitspielt und man gar nicht die Absicht hat, sich an die Auflagen zu halten. Deshalb ging ich los. Nicht das erste Mal.
1:00 morgens. Die Nacht war relativ kühl, und ich schritt zügig bergauf. ~1km, ich brauchte nur nach Gehör zu gehen. Der Lautstärke entsprechend erwartete ich ein groβes Festzelt mit mindestens 50 tobenden Wilden. Schon seit dem Vormittag hatten Kinder ihre religiösen Gefühle ins Mikrofon gestammelt, selten die richtige Note treffend – aber wie süβ der Nachwuchs, morgen vielleicht „Indonesian Idol“. Auch die Damen der Polizei-Gemeinde waren bewirtet worden. Je näher ich in ein Straβengewirr eindrang, in dem sich der asrama polisi (Polizei-Wohnungen) befindet – matt beleuchtet von den Wohnschuppen rechts und links (wegen der Geister), angekläfft von räudigen, verwilderten Hunden, hier und da Gruppen von Spielern und nächtlichen Säufern – je näher ich der Lärmquelle kam, um so mehr zweifelte ich, den wirklichen Ort gefunden zu haben. Vor einem Häuschen, das gehobenem Schrebergarten-Standard entspricht, im funzligen Licht unter dem Vordach – höchsten 10 Personen. Keiner tanzte, der Sänger taumelnd mit Mikrofon in der Hand. Am kibort einer mit Militärmütze und Fuβballer-shirt, der aussah, als ob er gerade vom Fischfang zurückgekommen war. Keiner irgendwie festlich gekleidet – und ein Höllenlärm, als ob die Protestantische Kirche Geburtstag hatte.
Pass gut auf ;sonst ist – Yoko Ono bald ohne John Lennon – den Waldschrat.